Die Schwarzmeer-Runde '10

Georgien

Sind in der Türkei auf dem Weg nach Georgien mal irgendwo rechts ran zum Mittagessen. Haben da per Zufall den Balkon eines Restaurants in einen Einkaufscenter erwischt. Hat von aussen garnicht nach Shopping-Center ausgesehen. Dennoch gabs da drin dann alles was du von einem modernen Kaufhaus erwarten würdest - inklusive "Freßmeile". Wir sind dann mit dem Tischnachbarn ein bißchen ins Gespräch gekommen und haben über dies und jenes geplaudert. So nebenbei konnten wir beobachten wie sich dieser Balkon zunehmend mit Security-Personal füllte. Einer aus Erdogans zweiter Reihe macht hier einen Besuch. Nun standen unsere Moppeds ja mitten in der Sicherheitszone. Unser Tischnachbar hat das mit den Securityleuten gleich geklärt - kein Problem - wenn wir halt nach dem Essen dann wegführen wärs schon recht. Nachdem wir dann an der Kasse bezahlen wollten kam er angeschossen und hat die Rechnung übernommen. Dauert eine Zeit bist du den Mund vom Staunen über die Gastfreundschaft in der Türkei wieder zu bekommst! Oder würdest du einem Touristen mal eben sein Essen bezahlen? Ach jetzt hätte ich den Russen an der türkischen Grenze glatt vergessen. Die Fähre war ja mit ungefähr drei Autos, zwei Moppeds und etwa 35 Menschen besetzt. Nicht wirklich viel. All die Leute stellten sich recht brav in der Schlange zur Passkontrolle an, nur einer nicht. Er meinte, mit dickem Geldbeutel und bereits aufgeschlagenem Pass an der Schlange vorbei ganz nach vorne zu wollen. Einer der Grenzer (am Sonntag vormittag in Zivil) hat die Papiere recht genau inspiziert, und ihn ans Ende der Schlange zurückgeschickt. Wir hatten so das Gefühl als ginge eine ganz klitzekleine Welle Schadenfreude durch die Reihen. Mag sein dass in Russland (Sochi) das Geld regiert und definiert was geht und was nicht - an dieser Grenzstation wars aber vorbei damit. Die Spannung steigt - Georgien ist ja nun mal der Höhepunkt unserer Runde und dort wird der Wendepunkt von "Heading east" zu "Heading west" sein. Hab' ich eigentlich schon bemerkt, daß es warm ist? Diese Halbliterflaschen Eistee habe ich so das Gefühl kommen nur zur Hälfte im Bauch an, der Rest verdunstet schlagartig beim Öffnen. Nach Drängeln und Schieben am Grenzübergang zu Georgien waren wir dann letztendlich auch mal an der Reihe. Man merkt hier wie sonst auch in dieser Genegend, dass Motorradfahrer nicht wirklich oft auftauchen. So hat der Grenzer uns dann an die Hand genommen und höchstpersönlich mit unseren Papieren in der Hand die Formalitäten für uns und mit uns erledigt. Nur zurück zum Schalter 9 (würde man das anschreiben, könnte man Schalter 9 während der mehrstündigen Wartezeit vor der Grenze schon erledigen) schickte er uns alleine. Da war dann irgendeine Registrierung der Moppeds zu erledigen. Als letztes kontrollierte der Grenzer nochmal ob jetzt alles passt und wünscht uns ein "Welcome in Georgia!". Nett! Im Übrigen hat uns niemand danach gefragt, wo wir aus Georgien wieder auszureisen gedenken. Stefan ging sogar das Risiko ein und fragte danach aber es gab nur ein erstauntes Achselzucken was das nun für eine Frage sein soll. Ok, dann halt nicht - um so besser. Wir wollten eigentlich noch ein Stückchen Richtung Tiflis fahren, doch durch den Grenzaufenthalt war es ja schon spät nachmittags. So entschlossen wir uns kurzerhand die Restabendstunden zu nutzen um in das georgische Schwarze Meer zu springen. Und wie wir da so am Plantschen sind schallt ein kerniges "Servus!" von einem weiteren Badegast zu uns rüber. Ja was ist das denn! Wie sich rausstellt war im selben Hotel ein Deutschlehrer-Seminar untergebracht und er war der Seminarleiter. Was für ein Zufall. 25 Deutschlehrerinnen (ein Mann war auch dabei) alle aus Georgien, Armenien, Aserbaidschan. Wie witzig, das ganze Hotel spricht Deutsch! Am nächsten Tag gehts Richtung Tbilisi (oder wie es für uns besser aussprechbar ist: Tiflis), der Hauptstadt Georgiens. Wir wählten eine Route ziemlich im Süden des Landes. Anfangs Teer, dann aber recht schnell Schotter. Im südwestlichen Teil Georgiens (Adscharien) siehts teilweise aus wie im tiroler Alpenland! Überhaupt ist Georgien sehr vielfältig was das örtliche Klima betrifft. Hat es am Schwarzen Meer eher mediteranes Klima, so ists in Adscharien wie in Tirol, im Osten des Landes gibts aber Halbwüsten und im Norden gehts ja in Kaukasus mit diversen 5000er-Gipfeln. Was an Klima du willst, in Georgien scheint es es zu geben. Auf wunderschönen größtenteils Schotterstrecken gings dann nach Tiflis. Auf dem ganzen Weg dorthin hatten wir schon irgendwie den Eindruck, dass man sich sehr um ein aufgeräumtes Land bemüht, Historisches ist gepflegt und beschildert. Alte Sovjet-Funktionalbauten verfallen aber. Aber teilweise leider nicht nur die, auch in Bordjomi schauts nimmer gut aus. Aus diesem Ort kommt das (welt?)berühmte Mineralwasser, das früher hauptsächlich und viel nach Russland exportiert wurde. Nur hat Russland den Hahn sozusagen zugemacht - das Mineralwasser darf nicht mehr nach Russland eingeführt werden. Damit bricht dem kleinen Ort sein wichtigster Handelspartner weg und entsprechend schauts halt leider auch aus. Man fragt sich schon ab und an ob das wirklich alles so sein muß. Hats sonst in Georgien eigentlich relativ wenig bis garkeinen Verkehr, so hats in Tiflis dafür um so mehr. Und die Georgier scheinen im Strassenverkehr mit Moppeds noch viel weniger umgehen zu können wie alle anderen Länder die wir bisher gestreift haben. Liegt wohl mit dadran, daß in Georgien das Zweiradfahren als Minderbemittelt oder Minderwertig gilt - so findet man allenfalls Kinder aufm Fahrrad vor, alles andere fährt Auto. Irgendwie. Wenn Du allerdings Moppedfahrer triffst, dann könnte es sein, daß es einer aus Leipzig ist oder drei Tschechen, die von einer Irantour halt mal eben die alte Militärstrasse Richtung Kazbegi fahren. Nachdem uns das Wetter in Kazbegi einen Strich durch die Rückfahrrechnung gemacht hat, blieben wir mehr oder minder unfreiwillig in einem kleinen Hotell über Nacht. Es hat uns ein richtig heftiges Gewitter überrascht und auch ein bißchen durchnässt. Wir hatten nicht viel dabei, es sollte nur ein Tagesausflug werden. Am Abend entwickelte sich dieses kleine Hotel zur internationalen Drehscheibe - drei Tschechen, drei Amerikaner, wobei Sie iranstämmig war, später kamen noch drei Stuttgarter dazu und letztendlich wir aus Deutschland und Österreich. Alle gesellten sich da um den kleinen Tisch. Die Stuttgarter bestätigten dann auch, dass es eine gute Entscheidung war, bei Gewitter den doch 2500m hohen Pass nicht mehr nehmen zu wollen. Es gab Schneefall - ist ja nun mal Hochgebirge. Insgesamt war das Wetter leider in Georgien ab da nicht mehr ganz so ideal, oft Schauer, teils richtig heftige Gewitter. Aber es blieb warm. Insgesamt vier Tage hielten wir uns in Tbilisi auf - mit der Begleitung einer ganze lieben Georgierin, die Stefan zufällig in Österreich schon kennengelernt hat. Sie hat uns die Tage dort an die Hand genommen und viel gezeigt - die Dreifaltigkeitskirche, Schwefelbäder, Restaurants, die Flaniermeile, den Fernsehturm (das Wahrzeichen von Tiflis), den Präsidentenpalast und was sonst noch alles. An einer vergleichsweise einfachen und schmucklosen Strasse war dann der Extrempunkt unserer Reise erreicht, von nun an hieß es nicht mehr "Heading east" sondern nur noch "Heading west". Wir wollten zuerst den Grenzübergang bei Kartsakhi nehmen (weil wir in der Türkei Richtung Ararat runter wollen) aber der ist nicht offen. Also, Landkarten sind teilweise schon trügerisch. Auf der einen Karte ist dort ein Grenzübergang eingezeichnet, auf der andern nicht. Wir glaubten halt zuerst der Karte, auf der einer ist. So mussten wir umdrehen und den Übergang Richtung Posof in der Türkei nehmen. Die Strassen dorthin waren jetzt so richtig hübsch, wenig Teer, aber viel Schotter, in den Dörfern aber auch mit vielen, teils gewaltig großen Schlaglöchern. Da waren diese drei Löcher, so angeordnet also gegeneinander versetzt, dass man zwingend in eines reinfahren muss. Nachdem das Vorderrad darin abgetaucht war, wurde es dunkel (weil die Brühe durch die hohe Scheibe Gott sei Dank über mich drüber gelenkt wurde und mich so nicht wirklich direkt traf) und dann gings wieder raus aus diesem Loch. Seitdem hatte das Mopped ein bisschen Patina angesetzt und dieser rote Sand teilweise auf den Pisten tat sein übriges. Tja, und am Grenzübergang war Georgien dann Geschichte für uns. Schade eigentlich, denn so sicher und willkommen wie in ganz Georgien haben wir uns kaum wo gefühlt. Vieles von dem was man so glaubt zu wissen und was man vermutet wie es sein müsste ist schlichtweg falsch. Ein tolles Land - nur schade daß es so weit weg ist.

Hier die Fotos dazu.

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